Einschulung – immer wieder aufregend
Alle Jahre wieder – naja, fast jedenfalls. Auch in diesem Jahr steht bei uns wieder eine Einschulung an – die siebente Veranstaltung dieser Art mittlerweile. Somit haben wir also schon etwas Übung und es ist alles nicht mehr so neu und aufregend wie beim ersten Kind, aber eine Routineveranstaltung ist so eine Einschulung natürlich trotzdem nie!
Dafür sorgt schon das zukünftige Schulkind selbst, das dem großen Tag schon lange vorher entgegenfiebert. Ist ja auch eine tolle Sache – endlich groß sein und nicht mehr zu den kleinen Kindergartenkindern zu gehören. Und obwohl unsere Kinder dank zahlreicher großer Geschwister etwas Einblick in die Realität des Schulalltags haben – sich endlos hinziehende Hausaufgaben, verhauene Arbeiten, Klagen über gemeine Lehrer – hindert sie das zum Glück nicht daran, ganz und gar positiv an die Sache heranzugehen.
Zunächst gibt es ja auch so tolle Sachen zu tun wie: Schulranzen aussuchen (oder von einem Geschwisterkind erben), Wünsche zur Gestaltung Schultüte äußern und bei Mädchen ist die Outfit-Frage für den großen Tag ganz oft wichtig.
Für uns Selbernäherinnen ist es dabei natürlich Ehrensache, das Einschulungskleid eigenhändig anzufertigen. Und so geht bei Vielen schon Monate vorher die Suche nach einem geeigneten Schnittmuster und dem passenden Stoff los. Ich selbst bin ja normalerweise eher der Last-Minute-Typ bei solchen Sachen. Aber in diesem Jahr hängt das Kleid schon seit geraumer Zeit fix und fertig bei uns im Schrank: beim Probenähen für unser e-Book „LINNEA“ ist in unserem Näh-Labor beim Tüfteln am perfekten Schnitt eine ganze Kleiderflut entstanden. Und aus dieser Kollektion brauchte unsere angehende ABC-Schützin nur eins auszuwählen. Wirklich praktisch – ein Punkt der Einschulungs-to-do-Liste abgehakt.
Überhaupt halten wir den Ball eher flach, was die Einschulungsfeierlichkeiten angeht. Keine Riesenfeier im Restaurant mit allen Verwandten und Bekannten. Stattdessen selbstgekochtes Wunsch-Mittagessen und nachmittags darf sich das frischgebackene Schulkind eine Unternehmung wünschen. Beim letzten Mal waren wir zum Beispiel im Tierpark. Es gab aber auch schon Kinder, die nachmittags einfach nur spielen wollten. Der Vormittag war ja auch schon aufregend genug.
Ich finde sowieso interessant, wie sich das Thema „Einschulung“ im Laufe der Jahre geändert hat. Als ich eingeschult wurde – und das ist ja nun schon ein paar Jährchen her- wurde nicht viel Tamtam gemacht. Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendjemand am ersten Schultag mit seiner kompletten Verwandtschaft in der Schule angerückt wäre. Es war nicht mal üblich, dass die Väter dabei sind. Das Highlight des Tages war für mich – abgesehen vom Auspacken der Schultüte – das erste Mal Hausaufgaben machen zu „dürfen“. Und statt eines Prinzessinnenkleids hatte ich eine schicke Cordhose an – Gendermainstreaming war zu der Zeit anscheinend in Mode. Ich kann mich nicht erinnern, damals überhaupt Kleider oder Röcke besessen zu haben. Und mit meinem Kurzhaarschnitt hätte ich auch glatt als Junge durchgehen können. Vielleicht war das nur eine politisch korrekte Entscheidung meiner Mutter, aber ich meine, dass auch meine Mitschülerinnen zur Einschulung keine aufwändigen Kleider anhatten.
Auch das Ranzen-Design bot nicht so viel Abwechslung wie heute: den guten alten, kastenförmigen Scout gab es lediglich in ein paar Grundfarben – dadurch war jedes Modell öfter vertreten im Klassenraum. Der Vorteil daran: keine nervenzerfetzenden Entscheidungen zwischen Einhörnern (mit Flügeln oder ohne) auf Pink, auf Türkis, auf Lila, mit Regenbogen oder doch lieber diese tollen Glitzer-Schmetterlinge? Oh, und da hinten gibt es ja noch 20 verschiedene Ranzen im Pferde-Design! Und so kann es passieren, dass die künftige Erstklässlerin nach einer Stunde Ranzen-Aufprobieren mit glasigen Augen völlig erschlagen zwischen den fünf absoluten Lieblingsmodellen sitzt, sich einfach nicht entscheiden kann und am liebsten alle mitnehmen würde. „Passt doch – für jeden Tag ein anderes Modell“, meint die inzwischen schon etwas entnervte Verkäuferin.
Und für manche ist der Schulranzen mehr als ein schlichtes Transportmittel. Ich erinnere mich noch gut an folgende Szene: die Truppe der ABC-Schützen verließ klassenweise die Turnhalle, in der die Einschulungs-Feierlichkeiten gerade stattgefunden hatten, um das erste Mal von den Klassenlehrern in den künftigen Klassenraum geführt zu werden. Die Eltern hatten sich vor dem Eingang rechts und links mit Fotoapparaten postiert, so dass die frischgebackenen Erstklässler sich im Blitzlichtgewitter wie die Hollywoodstars beim Schaulaufen auf dem roten Teppich fühlen konnten. Einer der Väter zeigte auf seine vorbeilaufende Tochter und verkündete mit stolz geschwellter Brust den Umstehenden: „Und das hier ist der neue Scout Easy II!“ (Mit 3,0-Liter-Turbo-Reihensechszylinder, 400 PS und Allradantrieb…) :-). Allerdings entscheidet nicht nur der Zeitgeist, sondern auch das Umfeld der Grundschule über die Aufwändigkeit der Schultüten, Preis der Schulranzen und Festlichkeit des Outfits. Da gibt es große Unterschiede – wie ist das bei euch?